TOURENSKI
Skitouren Special
Alles wichtige Rund um das Thema Tourenski verständlich erklärt
Der Tourenskimarkt ist groß und unübersichtlich. Vor allem für Einsteiger, die sich zum ersten Mal mit dem Thema konfrontiert sehen, welchen Ski sie denn kaufen sollen, ist es schwierig einen Überblick zu erhalten und die Richtige Wahl zu treffen. Im folgenden Abschnitt werde ich auf die Eigenschaften der Tourenski eingehen, verschiedene Bauweisen erklären und ihre Vor- und Nachteile aufzeigen. Am Ende dieses Kapitels wirst du wissen, aus welchem Grund die jeweilige Skikonstruktion gewählt wurde und wofür sie idealerweise verwendet wird.
Eigenschaften: Skibreite - Skilänge - Taillierung
Im ersten Teil gehe ich auf Eigenschaften ein, die ein Tourenski haben kann und nach denen sie in verschiedene Kategorien unterteilt werden. Beschäftigt man sich mit dem Thema wird man immer wieder mit den folgenden Begriffen konfrontiert. Doch was genau bedeutet das für den Skifahrer draußen in den Bergen?
Skibreite
Die Skibreite wird immer unterhalb der Bindung angegeben. Hier gilt ganz einfach:
- Je breiter, desto mehr Auftrieb
- Je breiter, desto stabiler und ruhiger läuft der Ski
- Je breiter, desto mehr verzeiht der Ski
- Je breiter, desto höher das Gewicht
- Je breiter, desto höher die Geschwindigkeit wo der Ski am besten funktioniert
Tourenski sind unter der Bindung in der Regel zwischen 75 und 120 mm breit. Für spezielle Anforderungen gibt es auch schmälere oder breitere Ski, wer sich dafür entscheidet weiß jedoch normalerweise genau wofür er den Ski benötigt und was ihn erwartet.
Skilänge
Die Skilänge sollte zwischen Nasenspitze und wenige Zentimeter über dem Kopf liegen. Dabei kannst du dich an den folgenden Punkten orientieren
- Je länger der Ski, desto mehr Auftrieb
- Je länger der Ski, desto mehr Laufruhe bietet er
- Je länger der Ski, desto bessere Kontrolle auch bei hohen Geschwindigkeiten
- Je länger der Ski, desto schwieriger werden die Spitzkehren beim Aufstieg aufgrund mehr Skilänge hinter der Bindung
- Je länger der Ski, desto Abfahrtsorientierter
- Je länger der Ski, desto weniger wendig (Hier spielt der Radius und die Bauart jedoch auch noch eine große Rolle)
- Je länger der Ski, desto höher sein Gewicht
- Je länger der Ski, desto mehr Fehler verzeiht er
Taillierung
Moderne Tourenski sind unter der Bindung am schmälsten und werden zu beiden Skienden hin wieder breiter. Dadurch wird nicht nur mehr Auftrieb erzeugt und ein Absaufen der Skispitzen verhindert, die Skier sind auch einfacher um die Kurven zu bekommen und verspielter bei der Abfahrt.
- Je größer die Differenz zwischen der Schaufel und der Breite unterhalb der Bindung, desto mehr Auftrieb hat der Ski im Tiefschnee
- Je größer die Differenz, desto kleiner ist in der Regel auch der Radius für die Kurven
Beispiele für die Angaben der Taillierung sind zum Beispiel:
- 120,90,107 bei einem Radius von 16 Meter
- 116,90,106 bei einem Radius von 29 Meter
Die erste Zahl (120 oder 116) gibt dabei die Breiteste Stelle an der Schaufel (Tip) an, die zweite Zahl ist die Skibreite unter der Bindung und die letzte Zahl (107 oder 106) beschreibt die breiteste Stelle am Skiende (Tail). Angegeben ist immer ein Wert in Millimetern.
Eigenschaften: Radius - Härte - Verwindungssteifigkeit - Gewicht
Radius
Der Skiradius ist nichts anderes als die Geometrie an den Seitenwangen entlang der Kanten der Skier und gibt an wie groß der Kreis wird, wenn man direkt auf den Kanten eine Kurve machen würde.
- Je größer der Radius, desto schwieriger bekommt man ihn um die Kurve
- Je größer der Radius, desto weniger neigen die Ski zum verkanten
- Je größer der Radius, desto größer werden in der Regel die Kurven
- Je größer die Kurven, desto höher die Geschwindigkeit beim Skifahren
Freerideski haben deshalb zum Teil sehr große Radien vom 30 Meter und mehr und sind insgesamt so konstruiert, dass sie bei hohen Geschwindigkeiten gut funktionieren. Einsteiger sollten hier in der Regel zu einem kleineren Radius zwischen 15 und 20 Meter greifen da diese das Kurven bei niedrigeren Geschwindigkeiten wesentlich einfacher machen und verspielter sind.
Härte
Die Skihärte entscheidet darüber, wieviel Kraftaufwand erforderlich ist um einen Ski zu biegen. Touren- und Freerideski sind generell weicher als Pistenski und generieren so den nötigen Auftrieb im Tiefschnee. Trotzdem muss noch genug Druck aufgebaut und übertragen werden können um den Ski zu kontrollieren und zu steuern.
- Je härter ein Ski, desto ruhiger läuft er
- Je härter ein Ski, desto besser die Kontrolle bei hohen Geschwindigkeiten
- Je härter ein Ski, desto weniger Fehler verzeiht er
- Je härter ein Ski, desto einfacher vergräbt er sich im Tiefschnee und fängt an zu rotieren
- Je härter ein Ski, desto mehr Kraftaufwand wird beim Skifahren benötigt
- Je härter ein Ski, desto mehr richtet er sich an starke Skifahrer
Skier verlieren im Laufe der Jahre an Spannung und werden weicher. Ein „durchgetretener“ Ski führt nicht mehr richtig, hat auf hartem Grund weniger Grip und verliert deutlich an Laufruhe.
Verwindungssteifigkeit
Auch Torsionssteifigkeit genannt, beschreibt die Verwindungen von Skiern entlang der Längsachse. Je mehr sich ein Ski verwindet, desto mehr Vibrationen fängt er sich ein, was vor allem bei höheren Geschwindigkeiten und harten Bedingungen unangenehm ist. Torsionsteifigkeit wird durch spezielle Bauweisen erreicht, die sich um den Kern des Skis befinden. Dazu später mehr.
- Je mehr Torsionssteifigkeit, desto ruhiger läuft der Ski
Gewicht
Das Gewicht wird von vielen Faktoren beeinflusst. Länge und Breite sind dabei offensichtliche Faktoren. Jedoch spielen auch die verwendeten Materialien und die Bauart eine wesentliche Rolle für das Gewicht eines Skis. Die Vor- und Nachteile sollten relativ klar sein:
- Je leichter der Ski, desto einfacher bekommt man den Ski den Berg hoch
- Je leichter der Ski, desto mehr Vibrationen durchziehen den Ski
- Je leichter der Ski, desto geringer die Geschwindigkeit für volle Kontrolle
- Je leichter der Ski, desto sensibler reagiert er auf veränderte Schneebedingungen
- Je leichter der Ski, desto weniger stabil und fehlerverzeihend
Chamber oder Rocker - Vorspannung
Die Vorspannung von Skiern gibt an, wo sich die beiden Kontaktpunkte mit dem Schnee befinden. Legt man einen modernen Tourenski flach und unbelastet auf den Boden, stellt man fest, dass er nur an 2 Punkten aufliegt (Außer bei ganz speziellen Bauarten).
Hier gibt es im Grunde 4 Arten, die je nach Ausführung nochmal variieren und Unterkategorien bilden:
- Rocker: Beim Rocker wird der Kontaktpunkt an der Schaufel weiter in Richtung Skimitte (Bindung) zurückgesetzt.
- Full Rocker: Beim Full Rocker wird der Kontaktpunkt an der Schaufel (Tip) als auch am Skiende (Tail) weiter in Richtung Skimitte (Bindung) gesetzt.
- Camber: Ein Camber hat die Kontaktpunkte weiter weg von der Skimitte (Bindung) sprich näher am Tip oder am Tail.
- Mischform: Camber mit gerockertem Tip. Die Kontaktpunkte liegen näher an den Skienden, jedoch steigt die Schaufel früher an als bei einem reinen Chamber Ski.
Die Rockeranteile erleichtern die Schwungeinleitung. Das bedeutet, dass sie leichter um die Kurve gehen. Zudem stehen die Skienden weiter aus dem Tiefschnee heraus und der Auftrieb im Pulverschnee wird erhöht. Camber werden eher bei harten Bedingungen und im steilen Gelände eingesetzt. Sie erlauben eine wesentlich größere Auflagefläche der Kanten und dadurch besseren Halt. Im Aufstieg ist vor allem bei steilen Querungen, wenn der Schnee im Frühjahr morgens noch hartgefroren ist ein Camber wesentlich besser geeignet, da die größere Kantenauflagefläche viel mehr Halt bietet.
- Je mehr Rocker, desto verspielter ist der Ski
- Je mehr Rocker, desto einfacher ist die Schwungeinleitung
- Je mehr Rocker, desto mehr Fehler verzeiht der Ski
- Je mehr Rocker, desto besser geeignet für Tiefschnee
- Je mehr Rocker, desto besser kann er auch mit schlechten Schneebedingungen (Bruchharsch) umgehen
- Camber sind im Frühjahr besser geeignet bei hartem Schnee und Firn
- Camber bieten mehr Kantenauflagefläche
- Camber sind in steilem Gelände besser geeignet. Sowohl im Aufstieg als auch in der Abfahrt
- Camber sind für hohe Geschwindigkeiten besser geeignet, da sie einen höheren Schaufeldruck erlauben und mehr Kontrolle bieten
- Die Mischform vereint die Vorteile eines Chamberski mit erhöhtem Auftrieb einer gerockerten Konstruktion. Auf beiden Seiten werden dabei jedoch Kompromisse eingegangen
Vorspannung
Die Vorspannung wird sichtbar, wenn man den Ski unbelastet auf einen Ebenen Boden legt und schaut wieviel Luft unter der Bindung zwischen Ski und Boden ist. Gängige Werte sind hier zwischen 2 und 6 Millimeter.
Die Vorspannung kann in 3 verschiedene Arten unterteilt werden:
- Klassisch: Liegen nur an den beiden Enden (Tip und Tail) auf. Sobald sie belastet werden, liegt der gesamte Ski und vor allem die Kante auf. Durch die größere Spannung die jetzt im Ski herrscht beißt er sich aggressiver in den Schnee und hat dadurch mehr Grip, was in steilen und harten Hängen absolut von Vorteil ist, auch beim Aufstieg.
- Flach: Hier liegt der Ski bereits unbelastet flach auf. Es fehlt die Vorspannung. Dadurch wird der Ski auch in belastetem Zustand nicht so aggressiv, ist dadurch beweglicher und drehfreudiger.
- Reverse: Ist so ziemlich das Gegenteil vom klassisch vorgespanntem Ski und hat durch die Vorspannung in die andere Richtung eine bananenähnliche Form. Einzig die Skimitte unter der Bindung berührt den Boden. Das generiert größtmöglichen Auftrieb und maximale Drehfreudigkeit.
Aufbau
Aufbau
Einen großen Einfluss auf die Eigenschaften des Skis hat seine Bauweise und das Innenleben mit den verschiedenen Materialien die verwendet und miteinander verbunden werden. Moderne Tourenski bestehen aus 30 bis 50 Einzelteilen und werden in bis zu 125 Arbeitsschritten von unten nach oben zusammengesetzt. Ein Großteil der Arbeit ist nach wie vor Handarbeit und beweist wie Aufwändig die Herstellung von guten Skiern ist. Die Grundlegenden Elemente eines Skis sind:
Belag
Als erstes wird der zugeschnittene Belag in eine für jedes Skimodell eigens Konstruierte Metallform gelegt. Er besteht aus meist aus einem porösen Polyethylen Kunststoff. Je besser und qualitativ hochwertiger ein Belag ist, desto mehr Wachs ist er in der Lage aufzunehmen und hat somit weniger Reibung gegenüber dem Schnee.
Kanten
Darüber kommen die Kanten aus gehärtetem Stahl.
Dämpfungselemente
Verschiedenste Gummi- und Elastomer Bänder sorgen später dafür, dass Schläge abgedämpft werden und sorgen für Laufruhe
Seitenwangen
Seitenwangen sind Kunststoff-Profile, die an der Innen- und Außenseite der Skier über ihre gesamte Länge verlaufen. Sie verstärken den Holzkern und sollen für eine perfekte Kraftübertragung auf die Kanten sorgen. Sie sind auch maßgeblich für die Erhaltung der Spannung verantwortlich und werden in ihrer Härte je nach Skimodell abgestimmt.
Untergurt
Beim Skifahren biegt sich der Ski in den Kurven der Länge nach durch und verwindet sich. Diesen Kräften wirkt der Untergurtgurt entgegen. Er soll für Laufruhe und Torsionssteifigkeit sorgen. Er besteht aus verschiedenen Metallplatten, die mit Glasfasermaterialien in unterschiedlichsten Strukturen verbunden werden.
Kern
Der Kern bildet das Herzstück eines jeden Skis. Es wurde mit den verschiedensten Materialien experimentiert. Bis zum Schluss sind sich jedoch alle Hersteller einig, dass Holz jedem anderen Material überlegen ist. Holz lebt: Es besitzt die größte Dynamik und erhält am besten den sogenannten Rebound, sprich die Rücksprungkraft des Skis. Andere Werkstoffe ermüden sehr schnell und sind nicht in der Lage die Skieigenschaften über längere Zeit aufrechtzuerhalten. Der Kern entscheidet maßgeblich über die Eigenschaften, die der Ski in fertigem Zustand haben wird. Seine Laufruhe, Härte, Flexibilität und Spritzigkeit. Der Holzkern besteht in den meisten Fällen aus verschiedenen dünnen Holzschichten (bis zu 50 verschiedene Lagen), die miteinander verleimt werden. Dabei werden verschiedenste Holzarten mit jeweils eigenen Eigenschaften verwendet. Pappelholz, Esche, Buche, Okume oder Weide sind nur einige der Beispiele welche Baumarten für die Skiherstellung herhalten müssen. Top Ski haben einen kompletten durchgehenden Holzkern, während günstigere Modelle etwas sparsamer mit diesem wertvollen Rohstoff umgehen und die Zwischenräume mit Schaum auffüllen. Dadurch wird der Ski zwar leichter, verliert aber einen großen Teil der wichtigen Eigenschaften eines durchgehenden Holzkerns.
Obergurt
Der Obergurt hat eine ähnliche Aufgabe wie der Untergurt. Nämlich den auftretenden Spannungen entgegenzuwirken. Er besteht ebenfalls aus Glasfasermaterialien, die je nach Hersteller und Skimodell zusätzlich mit Metallplatten verstärkt werden.
Deckel
Der Deckel ist das, was wir vom Ski sehen. Das Design sozusagen. Er besteht aus Kunststoff und hat außerdem die Funktion, die darunterliegenden Schichten vor Kratzern zu schützen.
Konstruktionstypen
Bei Tourenskiern werden 4 Konstruktionstypen unterschieden. Die jeweilige Konstruktionsart spiegelt sich auch im Preis und in der Langlebigkeit von Tourenski wider und jede hat ihre Vor- und Nachteile.
Sandwichbauweise
Bei der Sandwichbauweise werden die verschiedenen Lagen und Materialien schichtweise übereinander geleimt. Dabei werden die einzelnen Schichten in eine Form gelegt und mit hohem Druck und bei hohen Temperaturen zusammengeklebt. Die Seitenwangen, die die Schichten schützen, werden seitlich angeklebt. Es ist zurzeit die Konstruktionsart, mit der die meisten Skier hergestellt werden.
Schalenbauweise
Bei der Schalenbauweise werden Deckel und Druckgurt um den Kern gelegt und bis zur Kante heruntergezogen. Der Druckgurt sowie die Seitenwangen bilden dabei eine Schale, in welche die restlichen Schichten hineingeleimt werden. Diese Schale hilft dabei, beim Skifahren besser Druck auf die Kanten zu bringen und macht den Ski auf hartem Untergrund griffiger. Das Aufwändigere Herstellungsverfahren macht Skier, die in Schalenbauweise hergestellt werden in der Regel etwas teurer.
Torsionsbox
Bei dieser Herstellungsart werden rund um den Kern verschiedene Glas- und Kohlefasern gewickelt und mit Harz verklebt. Dieser Mantel (die sogenannte Torsionsbox) macht den Ski verwindungssteif und sorgt für Laufruhe und Kantengriff. Auch dieses Herstellungsverfahren ist aufwändig und spiegelt sich im höheren Preis der Skier wieder.
CAP Bauweise
Die CAP Bauweise wird vorwiegend bei günstigen Skiern und für Kinderski verwendet. Häufig verbirgt sich hinter dieser Bauweise eine einfache Schaumfüllung, die fehlende Holkernanteile ergänzt. Damit werden diese Skier zwar leichter, haben jedoch weniger gute Eigenschaften in Bezug auf Verwindungssteifigkeit und Kantengriff. Zudem sind sie weicher und haben eine geringere Spannung. Häufig ist diese Bauart auch bei Allroundmodellen zu finden.
Der Aufbau von Tourenski, ihre Eigenschaften und was sie jeweils für den Skifahrer bedeuten ist somit geklärt. Tourenski sind komplexe Sportgeräte, was man diesen Brettern auf den ersten Blick kaum zutrauen möchte.
Ich hoffe, mit diesem ausführlichen Ausflug in die Welt der Tourenski sind einige Fragezeichen verschwunden sobald einige der oben erläuterten Begriffe aus der Fachwelt der Tourenskibauer und Verkäufer fallen. Beim nächsten Kauf wirst du dann hoffentlich genau den Ski mitnehmen, den du dir auch wünschst und den du brauchst.